Müsste ich die Change Management Werkstatt 2017 in einem Satz zusammenfassen, würde ich sagen: Einige fundamentale Erfolgsfaktoren für Change wurden bestätigt und auch mit neuen bedeutenden Akzenten angereichert. Insgesamt gesehen, gab es einige Gemeinsamkeiten in den Diskussionen der TeilnehmerInnen und der eingebrachten Fallbeispiele, die als wegweisend für erfolgreiche High Impact Transformation in einem volatilen Umfeld betrachtet werden können.

Eine Gemeinsamkeit von vielen der präsentierten Beispiele erfolgreicher Change-Prozesse ist die Kombination aus altbewährten Change-Erfolgsrezepten und agilen Elementen. Dabei ist immer ein Dauerbrenner, so früh und so gut wie möglich ein attraktives Bild der Zukunft zu entwickeln. Es geht darum, Antworten auf die Fragen wie Warum braucht es Veränderung? Wo wollen wir hin? Wie sieht das Ganze in einem halben Jahr, einem Jahr und in drei Jahren aus? zu finden. Beantwortet man auch noch die Fragen wie der Weg aussehen wird und wer wie in welcher Rolle beteiligt ist, ist schon vieles gewonnen.

Ist es nicht möglich, zu Beginn ein konkretes Zukunftsbild zu malen  und das ist immer häufiger der Fall  dann geht es vor allem darum, zumindest eine grundsätzliche Orientierung zu geben. Das kann ein starker gemeinsamer Purpose oder eine sehr abstrakt formulierte, attraktive Vision sein, die aber in einem zunehmend volatilen Umfeld auch übermorgen noch Gültigkeit hat. Je volatiler das Umfeld ist, desto unkonkreter ist das Zukunftsbild. Daher ist es umso wichtiger mittels Sinnstiftung Orientierung zu geben: Wofür gibt es uns? Warum macht es einen Unterschied für unsere Kunden und Stakeholder, ob es uns gibt oder nicht? Was kann ich dazu beitragen?

 

Zeit nehmen und geben

Ebenfalls als erfolgskritisch werden Fragen rund um Timing und Geschwindigkeit gesehen. Einerseits, so zeigt es die Erfahrung, ist es wichtig, möglichst rasch ins Handeln zu kommen, erste Konzepte zu entwickeln, auf die Rüttelstrecke zu schicken und schnell erste Ergebnisse zu haben, die zeigen, ob das Konzept funktioniert. Andererseits ist es auch wichtig, den Menschen Zeit dafür zu geben, sich von der alten Welt verabschieden zu können, durch die Turbulenzen des Dazwischen zu gehen und im Neuen anzukommen. Das kann unterschiedlich lange dauern und in unterschiedlichem Ausmaß Unterstützung erfordern.

Was sich in diesem Zusammenhang bewährt hat, und manchmal aus den Augen verloren wird, wenn man zu stark auf den Veränderungsbedarf und das, was nicht funktioniert, fokussiert: Auf die Stärken des Unternehmens zu bauen und das, was gut funktioniert und erhalten werden soll, (immer wieder) ins Bewusstsein zu rufen.

 

Aufbrechen von Silo-Denken

In fast allen Praxisfällen existierte der Bedarf Silo-Denken aufzubrechen. In der Gestaltung des Veränderungsprozesses ist es daher wichtig, hier bewusst entsprechende Maßnahmen zu setzen. Bereichsübergreifende, interdisziplinäre Projektteams und Pilotprojekte oder Schnellboote in Sprint-Logik können hier große Wirkung haben. Insgesamt zeigt sich, dass zunehmend die Logiken agiler Arbeitsweisen auch in Organisationsentwicklungs- und Veränderungsvorhaben übertragen werden. Neben einer Rückbesinnung auf Teams und der Frage, wie diese konsequent ihre Performance optimieren können, geht es auch um darum, die persönliche Selbstverantwortung (wieder stärker) zu aktivieren. Menschen treffen im Privatleben Entscheidungen mit weitreichenden Konsequenzen, im Beruf wurde das vielen aberzogen. Selbststeuerung und verantwortung sind nicht nur wesentliche Grundpfeiler agiler Teams und Organisationen, sondern auch entscheidende Erfolgsfaktoren für nachhaltige Veränderung. Diese Erkenntnis wurde in so mancher Fallarbeit und Auswertungssequenz gewonnen und diskutiert.

 

Agilität: Weniger Perfektionismus, mehr Kundennähe

Das Thema Agilität war nicht nur Schwerpunkt der Pre-Conference „Entwicklungslaboragile Organisation und Transformation am 09.05. sondern spielte auch eine große Rolle bei den Inhalten der Change Management Werkstatt. Eine virtuelle Live-Kurzumfrage unter den TeilnehmerInnen zeigte etwa folgendes Ergebnis: 11 % leben Agilität im eigenen Unternehmen, 49 % geben an, einzelne Aspekte von Agilität umzusetzen und in 24 % der Unternehmen gibt es erste Diskussionen zur Frage, ob Agilitäüberhaupt relevant ist und was dies bedeuten könnte. Interessant ist auch die Tatsache, dass 16 % der TeilnehmerInnen angeben, Agilität sei noch kein Thema. Agilität heißt generell, so der gemeinsame Tenor, nicht zu sehr auf Perfektion abzuzielen, sondern eher rasch erste Schritt zu tun und aus den ersten Ergebnissen lernen, Dinge anzupassen und weiterzugehen. Als sehr wirkungsvoll wird zudem eine zunehmend bewusstere, intensivere und kontinuierlichere Ausrichtung an Kundenbedürfnissen gesehen. Das heißt nicht nur die vermuteten oder in Kundenbefragungen erhobenen Bedürfnisse zu analysieren, sondern die Kunden aktiv zu involvieren  über entsprechende Dialog- und Resonanzworkshops, Erkundungsaktivitäten und User Experience oder sogar institutionalisiert über Rollen, wie beispielsweise die Rolle des Product Owners bei Scrum.

Last but not least, und das ist für viele sicher keine neue Erkenntnis, wurde aber in den Diskussionen und Fällen eines wieder einmal sehr deutlich und doppelt unterstrichen: Ohne Commitment der Führungskräfte geht es nicht. Führungskräfte müssen sichtbar, mehr als sonst präsent sein, das Neue selbst ernst nehmen und vorleben.