Nach tage- und nächtelangen Verhandlungen hat die Österreichische Bundesregierung vor einigen Wochen ein neues Regierungsprogramm vorgelegt, das in den nächsten 1,5 Jahren abgearbeitet werden soll.

Dass noch während der Gültigkeitsdauer eines (Strategie)Programms ein neues entwickelt wird, ist zwar ungewöhnlich, aber unter den gegebenen Umständen durchaus sinnvoll. Wenn die visionäre Kraft des alten Programms verloren gegangen ist, weil die (vielen neuen) Regierungsmitglieder sich nicht (mehr) mit diesem identifizieren können, aber auch, wenn sich die Herausforderungen gravierend geändert haben, wäre es fatal, bis zur nächsten Wahl zu warten.

Da es sich bei dem Programm um ein ambitioniertes Veränderungsvorhaben handelt, ist jetzt also Change Management gefragt. Folgende Grundprinzipien professionellen Veränderungsmanagements könnten der Regierung bei der Umsetzung am meisten nutzen:

 

Freiraum für strategische Projekte schaffen

Viele PolitikerInnen wie auch ManagerInnen verbrauchen ihre ganze Energie für das Abarbeiten der täglichen Herausforderungen. Denn wenn alle Tagesprobleme aufgegriffen und alles kommentiert wird, dann bleibt am Ende des Tages keine Zeit für strategische Zukunftsarbeit und Reflexion.

 

Das Neue erklären

Menschen wollen nicht Objekt sein oder sich gar für Veränderungen engagieren, deren Sinn sich ihnen nicht erschließt. In Veränderungsprozessen braucht es viel Zeit, den Betroffenen den Sinn der Veränderung zu erklären und zu beschreiben, wie eine attraktive Zukunft aussehen könnte. Ein gutes Beispiel für einen derartigen Kommunikationsprozess ist die gerade laufende Vorbereitung der Gesundheitsreform in der Steiermark – Negativbeispiele sind die an sich sehr sinnvollen Gesundheitsreformvorhaben auf Bundesebene, die regelmäßig zu einem öffentlichen Streit der wichtigsten Stakeholder und damit Verunsicherung der betroffenen BürgerInnen führen.

 

Veränderung erfordert Mut

Harmoniesucht und Abhängigkeiten sind die größten Feinde sinnvoller Veränderungen. Das Loslassen von etablierten Strukturen und Verhaltensweisen macht zwar Angst, aber das Festhalten am Bestehenden verstellt die Sicht auf die Chancen und Vorteile des Neuen. Wer verändern will, muss akzeptieren, dass er/sie nicht kurzfristig Applaus von allen Seiten erhalten wird.

 

Passende Strukturen für Veränderung schaffen

Veränderungsprozesse brauchen eine genaue Planung, effiziente (Organisations-)Strukturen sowie ausreichende interne und externe Ressourcen. Alles selbst ohne erfahrene ExpertInnen von außen machen zu wollen ist genauso falsch wie die Verantwortung für die Veränderungen zur Gänze an Externe zu delegieren.

Um noch einmal kritisch auf die Gesundheitsreform auf Bundesebene zurückzukommen: Die internen Fachleute zu einer Vielzahl von Gremien und Sitzungen einzuberufen und sie mit einer entsprechenden Projektbürokratie und komplexen Entscheidungsstrukturen zu belasten, muss früher oder später zu Überforderung und Stillstand führen. Vor allem wenn auf externe Expertise und Ressourcen weitgehend verzichtet werden soll.

Und nicht zuletzt: Veränderung braucht auch Stabilität, also Elemente, die den Betroffenen die Sicherheit geben, sich auf das Neue einlassen zu können.