blog_design_thinking_bei_gemeinden

Zukunftsgestaltung mit Design Thinking

Strategiearbeit konkret: Wie man mit Design Thinking die Bedürfnisse einer Gemeinde und ihrer Bürger noch besser kennenlernt und so entscheidende Impulse für eine erfolgreiche Zukunft setzen kann.

Strategiearbeit in Gemeinden

In einem Unternehmen legen eine Strategie und Vision die grundsätzliche Ausrichtung fest und bestimmen die Gestaltung der Ressourcen und Kompetenzen sowie die dauerhaften Verhaltensweisen innerhalb der Organisation. Ähnlich dieser Definition dienen auch in einer Gemeinde Strategie und Vision der Orientierung und der übergeordneten Zielsetzung, die Lebensqualität der Bürger vor Ort zu verbessern. Besonders in Zeiten des Umbruchs und knapper Budgets, in denen Gestaltungsspielräume stark verringert werden, ist das nicht immer leicht. Hier zeigt sich die Wichtigkeit strategischer Arbeit, die als Wegweiser und Entscheidungshilfe dient.

Strategische Herausforderungen

Aktuell sind Gemeinden gefordert auf viele herausfordernde Zukunftsthemen Antworten zu finden:

  • Was kann eine Gemeinde tun, um Abwanderung zu verhindern bzw. den Zuzug von für sie relevanten Zielgruppen zu fördern? Wie schafft man es Frauen und junge Familien nicht an große Ballungszentren zu verlieren?
  • Wie muss der öffentliche Raum gestaltet werden, damit er von verschiedenen Anspruchsgruppen gut genutzt werden kann? Welche Leistungen und Serviceangebote müssen geschaffen oder ausgebaut werden? In welchen Leistungsbereichen sind Einschnitte für die Bevölkerung zumutbar und verträglich?
  • Welche Formen von Kooperationen und überregionaler Zusammenarbeit ergeben einen sinnvollen Mehrwert? Können Leistungen von anderen Gemeinden miterbracht werden?
  • Was ist nötig, damit sich Betriebe ansiedeln und Arbeitsplätze geschaffen werden können?
  • Wie können das Ehrenamt und der Zusammenhalt in der Bevölkerung gestärkt werden?

Das gestiegene Bewusstsein für die Notwendigkeit der Arbeit an diesen beispielhaften Fragestellungen, hat viele Gemeinden in einen partizipativen Dialog über Visionen, Leitbilder und strategische Ziele gebracht.

Vielfach wurde daran mit externen Beratern gebastelt. Doch wie hilfreich ist dieses Zukunftsbild in seiner oft abstrakten und beliebig auslegbaren Ausprägung?

Praktische Strategie

Damit Strategiearbeit erfolgreich ist, müssen vor allem zwei Bedingungen gut erfüllt sein. Erstens müssen die vielfältigen Bedürfnisse der verschiedenen Anspruchsgruppen sowie die spezifischen Gegebenheiten einer Gemeinde (Demographie, starker Wirtschaftsstandort vs. angenehmes Wohnumfeld, ländlicher vs. städtischer Raum …) besonders berücksichtigt und gewürdigt werden. Zweitens müssen Strategiepapiere präzise formuliert sein, im Sinne konkreter, umsetzbarer Arbeitsprogramme mit klaren Verantwortungen und Zeitvorgaben, aber gleichzeitig muss genügend Spielraum bei der Verwirklichung gelassen werden.

Doch wie findet man nun passgenaue und umsetzbare Antworten auf wichtige strategische Fragen?

Oft zu schnell lassen sich in einem Strategieworkshop vielseitig interpretierbare Leitsätze formulieren. So findet man Beispiele wie: „2025 sind wir eine bürgernahe, frische, entspannte Stadt, in der Menschen aller Generationen sich wohlfühlen“ oder „2020 ist unsere Stadt ein Erfolgsmodell für eine florierende Wirtschaft, in deren Mittelpunkt die Entwicklung der Altstadt steht“.

Hinter solchen Sätzen steht meist nicht viel mehr als Unklarheit darüber, wie man diese glänzende Vision nun zum Leben erwecken soll. Denn was genau ist mit „frisch und entspannt“ gemeint? Wie lässt sich der Begriff Erfolgsmodell“ messen? Um nicht in die Falle zu tappen, Strategiepapiere nur mit eindrucksvollen Überschriften und Worthülsen zu füllen, bietet die Methodik Design Thinking einen praktischen Ausweg.

Abb. 1: Gegenüberstellung Design Thinking zu traditionellen Methoden

Strategie mit Design Thinking umsetzen

Die aus dem Innovationskontext stammende Methode Design Thinking beschreibt ein klar strukturiertes Vorgehen zur Entwicklung von möglichst kunden- oder nutzerorientierten neuen Produkten oder Services. Einfache Prinzipien und Vorgehensweisen helfen dabei, oft versteckte oder nicht artikulierte Bedürfnisse von Personen aufzudecken. Inspiriert davon können dann konkrete Ideen und Konzepte erarbeitet werden.

Zielgruppen verstehen

Möchte eine Gemeinde beispielsweise zukünftig das Thema Betriebsansiedelung forcieren, gilt es zu Beginn die Zielgruppen zu identifizieren und gut zu verstehen. Die Beweggründe, Meinungen und eventuelle Vorbehalte von potenziellen neuen Betrieben sind dabei ebenso zu erforschen wie auch von bereits aktuell angesiedelten Leitbetrieben. Wichtig ist hierbei zu verstehen, dass relevante Aussagen nicht nur von den Unternehmern selbst kommen können, sondern auch beispielsweise von Kammer- oder Verbandsvertretern, zuständigen Mitarbeitern aus der Stadtgemeinde, wie z. B. aus der Abteilung Standortmarketing, oder auch von angestellten Mitarbeitern aus den Betrieben. Durch Gespräche und Beobachtungen schärft sich dann Schritt für Schritt ein Bild: Welche spezielle Zielgruppe von Unternehmen könnte zukünftig erfolgreich adressiert werden? Wo müssten noch Rahmenbedingungen geschaffen werden? Welche positiven Aspekte können in der Vermarktung verstärkt werden? Zentral ist, während der Analyse der Bedürfnisse noch keine Ideen zu spinnen oder Vermutungen anzustellen, sondern Erlebnisse, Gedanken und Meinungen der Zielgruppe und deren betroffenen Schlüsselpersonen abzuholen, um zu verstehen, welche Beweggründe hinter ihren Entscheidungen stehen und womit man sie zukünftig begeistern und zufriedenstellen könnte.

Ideen entwickeln

In einem zweiten Schritt werden, zugeschnitten auf die identifizierten Bedürfnisse, erste Konzepte entwickelt und so rasch als möglich getestet. Wurde beispielsweise ein Mangel an unterstützenden Serviceleistungen erkannt, werden hierfür nun Ideen entwickelt: Wie kann die Gemeinde bei der Standortsuche helfen? Wie können Behördenverfahren beschleunigt werden oder wie sieht ein unkomplizierter Förderantrag aus? Identifiziert eine Gemeinde ein besonderes Potenzial in der Ansiedlung von Start-ups, sind es andere Fragestellungen, die weiterführend bearbeitet werden sollten: Wie könnte es der Gemeinde gelingen ein soziales Netzwerk für Gründer aufzubauen? Welche nicht-monetären Fördermöglichkeiten bieten am meisten Anreize? Welche Leistungen zur Unterstützung der Work-Life-Balance kann die Gemeinde für junge Unternehmer und deren Angehörige bieten?

Konzepte testen

Anstatt an diesem Punkt viel Zeit und Geld für die Erstellung umfangreicher theoretischer Konzepte zu verwenden, werden mit der Design Thinking Methode sehr rasch erste Ideen und Lösungsansätze mit der betroffenen Zielgruppe getestet. Ein erster schneller „Prototyp“ der Idee wird genutzt um diese möglichst einfach auf die Probe zu stellen und Feedback von der Zielgruppe zu bekommen. Positive wie auch kritische Rückmeldungen werden gemeinsam im Team ausgewertet und in das Konzept eingearbeitet. Durch das permanente Fokussieren auf die Bedürfnisse der relevanten Zielgruppe wird verhindert, dass detaillierte theoretische Konzepte dann doch nur schubladisiert werden oder vorschnell in unausgereifte Produkte oder Services investiert wird, die schlussendlich von ihren angedachten Nutzern oder Kunden nicht akzeptiert werden.

Zeitaufwand für den Einsatz der Methode

Während für das Kennenlernen der Methode wenige Stunden ausreichen, entstehen in 1–2 Workshoptagen bereits erste greifbare Ergebnisse zu konkreten Fragestellungen, auf die ein gemeindeinternes Projektteam gut aufbauen kann.

Für die methodische Bearbeitung einer breiteren Fragestellung mit einer Identifizierung der relevanten Anspruchsgruppen, die Bedürfnisanalyse bis zur Entwicklung sowie Evaluierung von Ideen und Prototypen empfehlen wir ein interdisziplinäres Team aus der Praxis aufzusetzen, das sich über einen Zeitraum von 3–4 Wochen dem Thema annehmen kann.

Mit dem Einsatz der effizienten Vorgehensweisen und Tools der Design Thinking Methode lässt sich so ein langer, theoretischer Strategieprozess in energievolles Tun verwandeln und es werden rasch zielgruppenorientierte Ergebnisse ohne einen Mehraufwand an Ressourcen ermöglicht.


Dieser Artikel wurde in der Zeitschrift RFG veröffentlicht und steht Ihnen hier zum Download bereit.

 

Auf den Geschmack gekommen?

Melden Sie sich zum Newsletter an!


 

Möchten Sie

mehr erfahren?