Die Change-Architektur

Investitionen führen in der Regel zu tiefgreifenden Veränderungen. Dies gilt insbesondere für öffentliche Investitionen, da sie einer anderen Wahrnehmung unterliegen als private Investitionen und ein Höchstmaß an Transparenz und Verantwortung im Umgang mit Ressourcen erfordern. Zusätzlich stellen uns aktuellen gesellschaftliche Herausforderungen, wie Klimawandel und Pandemien, vor neue Anforderungen. Der Druck auf die öffentliche Hand, zielgerichtet zu investieren, wird daher weiter zunehmen.

Wie können öffentliche Investitionsentscheidungen also optimal geplant und umgesetzt werden, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden? Unsere Hypothese lautet, dass der Einsatz von Methoden des Change-Managements die Effektivität bzw. Wirksamkeit öffentlicher Investitionen steigern kann.

Wie würde also ein solches Investitionsprojekt aussehen, wenn es nach den Prinzipien des Change-Managements organisiert wäre? Wir haben hierfür eine Change-Architektur entwickelt, die eine Reihe von Elementen zeigt, die über das übliche technisch-betriebswirtschaftliche Instrumentarium von Investitionsplanung und -durchführung hinausgehen:

Diagramm, das die Change Artchitektur anhand einer Tabelle erklärt

Was sind also die Schlüsselelemente von Investitionsprojekten nach Change Management Prinzipien?

  • Fundierte Bedarfserhebung zu Beginn
  • Frühzeitige Diskussion und Klärung, welche strategischen Veränderungen durch die Investition herbeigeführt werden sollen, d.h. die Vision des Investitionsprojektes (z.B.: welche gesamtwirtschaftlichen und sozialen Effekte für eine Region durch eine Investition in die Verkehrsinfrastruktur erwartet werden – Beispiel: Koralm-Eisenbahntunnel)
  • Systematische Befragungen und dialogorientierte (nicht nur auf Überreden/Überzeugen ausgerichtete) Stakeholder-Veranstaltungen, nicht erst dann, wenn im Brennpunkt öffentlicher Diskussionen der Widerstand zu groß wird (oft erlebt am Beispiel großer Investitionen in Verkehrs- und Energieinfrastruktur – Bsp. Energiewende, Bahnhof Stuttgart etc.). Und warum nicht auch die Bürger bzw. andere betroffene Stakeholdergruppen zwischen (gleichwertigen) Investitionsalternativen entscheiden lassen?
  • Um den Investitionsbedarf auf diese Weise zu analysieren, sind entsprechende Vorbereitungen, wie eine fundierte Stakeholderanalyse, nötig. Damit ist auch die Grundlage für ein professionelle, begleitende Kommunikation während des gesamten Vorhabens (nicht nur zu Beginn des Projektes) geschaffen. In vielen Fällen gilt es auch unterschiedliche Interessenslagen zu managen, um das Auftreten von Gruppen von Gewinnern und Verlierern im Zuge des Vorhabens zu vermeiden.
  • Man kann annehmen, dass die Reformen des Rechnungswesens in den letzten Jahren (Haushaltsreformen mit Umstellung auf ein privatwirtschaftlich orientiertes Rechnungswesen) die Anwendung betriebswirtschaftlicher Tools der Investitionsrechnung gefördert und beflügelt haben. Aber wie sieht es mit der weitaus komplexeren Analyse der Wirkungen und des gesamtwirtschaftlichen und gesellschaftlich-sozialen Nutzens von Investitionen aus? Öffentliche Investitionen ohne vorherige, gründliche Analyse des Wirkungsgefüges im jeweiligen Bereich vernachlässigen diesen entscheidenden Faktor bei der Beurteilung von Investitionen. Wie oben bereits erwähnt bedeutet dies: Welche Aufwertung erfährt eine Region durch eine Investition in Infrastruktur im Verkehrsbereich, o.ä.
  • Bei größeren Investitionsvorhaben ist eine fundierte Analyse unerlässlich, um die Gesamtkosten durch eine umfassende Lebenszyklusbetrachtung zu optimieren. Dabei gilt es zu klären, in welcher Organisations- und Rechtsform dies am besten erreicht werden kann. Wie kann also z.B. sichergestellt werden, dass in der Investitionsphase die „Qualitäten“ finanziert werden, die einen kosteneffizienten Betrieb ermöglichen. Ist es sinnvoll, in Public-Private-Partnership (PPP)-Modelle zu investieren, bei denen der private Partner ein ureigenes Interesse daran hat, optimale Investitionsvoraussetzungen für eine Kostenoptimierung im laufenden Betrieb, etc. zu schaffen?

Zusammengefasst kann man also sagen, dass öffentliche Investitionen regelmäßig zu tiefgreifenden Veränderungen führen und vor neuen Herausforderungen wie dem Klimawandel und Pandemien stehen. Der Einsatz von Veränderungsmanagement-Methoden kann die Effektivität und Effizienz dieser Investitionen steigern und eine nachhaltige Wirkung erzielen. Eine professionelle Kommunikation und Einbindung der Stakeholder sowie die Berücksichtigung von Lebenszyklusbetrachtungen und privatwirtschaftlichen Organisations- und Finanzierungsstrukturen sind entscheidend, um den gestiegenen Ansprüchen gerecht zu werden und langfristigen gesellschaftlichen Nutzen zu gewährleisten.