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Erfolgsfaktoren und Trends bei Haushaltskonsolidierungen

Praktische Erfahrungswerte aus begleiteten Haushaltskonsolidierungen der letzten Jahre.

Von Andreas Pölzl, Peter Pilz und Christina Duller

In den letzten Jahren haben wir mehr als 50 österreichische Städte und Gemeinden unterschiedlichster Größenordnung bei deren Bemühungen wieder einen ausgeglichenen Haushalt zu erzielen, begleitet. Darunter einige kleinere Gemeinden mit 3.000-5.000 Einwohnern, viele Bezirkshauptstädte, aber auch etliche größere Städte Österreichs. Dabei wurde ein bereits publiziertes Vorgehensmodell angewendet (siehe Breuss/P. Pilz/Pletz/Pölzl/Strohrigl/Teuschler, Haushaltskonsolidierung in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, RFG-Schriftenreihe 5/2011).

Abb 1: 6-Schritte-Modell

 

Dieses 6-Schritte-Modell hat sich in der Praxis sehr gut bewährt; die Erfahrungen daraus wurden systematisch ausgewertet. Dabei haben sich zehn Erfolgsfaktoren herauskristallisiert:

A. Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Haushaltskonsolidierung

  1. Klares Commitment der politischen Führung und Verwaltungsspitze

Der/die BürgermeisterIn und die obersten Führungskräfte der Verwaltung müssen durch authentische Worte und Taten zeigen, dass das Projekt höchste Priorität hat und die Konsolidierungszielsetzung ernst gemeint ist. Ihr Handeln wird genauestens beobachtet. Die gesendeten Signale kommen direkt bei den MitarbeiterInnen an und beeinflussen somit deren Motivation.

  1. Eindeutige Zielvorgaben für Konsolidierung

Eine quantifizierte Zielvorgabe („Wie hoch ist der notwendige Konsolidierungsbedarf?“) ist ein must-have für den Konsolidierungserfolg. Auch die Definition von Nicht-Zielen und Tabus, also was nicht „angegriffen“ werden darf, hilft Umfang und Ziele zu schärfen. Eine häufige Einschränkung ist bspw jene, dass ein Personalabbau nur über natürlichen Abgang erfolgen darf, was Ängsten und Demotivation der MitarbeiterInnen entgegenwirkt.

  1. Aufgabenreform statt Rasenmäher

Während bei der „Rasenmäher“-Methode in allen Bereichen einer Gemeinde bzw einer Stadtverwaltung in gleicher prozentueller Höhe gekürzt wird, wird bei einem aufgabenkritischen Zugang jede einzelne Leistung nach ihrem Nutzen hinterfragt (Zweckkritik/Effektivität – Die richtigen Dinge tun). Definiert wird, in welchem Umfang und in welcher Qualität diese in Zukunft für welche Zielgruppen bereitgestellt werden soll. Dies umfasst auch eine Vollzugskritik und adressiert die Effizienzfrage (die Dinge richtig tun), also das „Wie“ der Aufgaben- und Leistungserfüllung.

  1. Frühzeitige und aktive Kommunikation des Nutzens

Häufig wird in der Kommunikation die Notwendigkeit einer Haushaltskonsolidierung betont, aber nicht der Nutzen. Da aber die Nachteile für den Einzelnen oft unmittelbar spürbar sind, während die Vorteile erst mittel- und langfristig greifbar werden, sollte verstärkt Wert auf diese Nutzenaspekte gelegt werden. Immerhin zeugt eine Haushaltskonsolidierung von einer verantwortungsvollen Haltung gegenüber künftigen Generationen und beweist Mut, Vision und Verantwortungsbewusstsein von Politik und Verwaltungsspitze über Wahlperioden hinweg.

  1. Zielfokussierung statt Vergangenheitsbewältigung

Schnell gelangt man in Haushaltkonsolidierungsprozessen an den Punkt, wo das Aufzeigen von möglichen Konsolidierungsmaßnahmen als Kritik an der bisherigen Arbeit gewertet wird. Dies kann den Prozess gefährden, weshalb durch bewusstes Projekt- und Prozessdesign sowie Inhalte der Kommunikationsarbeit darauf geachtet wird, das gemeinsame Ziel und die Zukunft und nicht unveränderbare Altlasten ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu stellen.

  1. Scharfe Trennung von Ideenfindung und Bewertung

Während in der Phase der Ideenfindung zumeist Führungskräfte und MitarbeiterInnen aus der Verwaltung arbeiten, sind in der Bewertungs- und Entscheidungsphase die politischen Entscheidungsträger aktiv gefordert. Durch diese strikte Trennung ermöglicht das tabulose und freie Generieren von Ideen.

  1. Transparenz über den Prozess

Transparenz über den Ablauf und die einzelnen, überschaubaren Schritte der Haushaltskonsolidierung schafft Vertrauen und reduziert die  Unsicherheit bei allen Beteiligten. Durch diese Transparenz gelingt es, die Energie auf Inhalte und Ziele zu richten und nicht auf Auseinandersetzungen über den Prozess.

  1. Komplexitätsreduktion

Aufgrund des breiten Ansatzes, alle Aufgabenbereiche einer Stadt bzw Gemeinde anzusehen, ist die Komplexität einer Haushaltskonsolidierung nicht zu unterschätzen. Bis zur politischen Entscheidungsfindung ist es aber nicht wichtig, sämtliche Details geprüft zu haben und alle Umsetzungsfragen schon beantwortet zu haben. Vielmehr hilft ein Fokus auf das Wesentliche, oft auch mit einem bewussten Mut zur Lücke, um gute Entscheidungen treffen zu können.

  1. Projektteam mit Vorbildfunktion

Wie bei fast allen Projekten hängt der Erfolg sehr stark von den Menschen ab, die das Projekt leiten. Eine Projektleitung, die ihre Aufgabe ernst nimmt und eine vorbildhafte Haltung einnimmt, sowie positiv gestimmte und querdenkende Projektkernteam- und Arbeitsgruppenmitglieder, die ihre Verantwortung gegenüber der Gemeinde/Stadt und ihren BürgerInnen als Herzensaufgabe sehen, beeinflussen das Ergebnis ganz entscheidend.

  1. Mut zu Entscheidungen und konsequente Umsetzung

Egal wie fleißig und visionär von der Verwaltung Ideen und Potenziale ausarbeitet werden: nur wenn auch wirklich ein umfassendes Maßnahmenpaket durch die politisch Verantwortlichen geschnürt wird, dieses in Folge konsequent umgesetzt und durch ein Monitoring verfolgt wird, kann eine Haushaltskonsolidierung nachhaltig erfolgreich sein. Professionelle Moderation der Entscheidungsklausur und das Aufsetzen und Begleiten eines Umsetzungscontrollings unterstützen die Nachhaltigkeit. In vielen Projekten wurde sogar deutlich mehr an Ergebnisverbesserungen erzielt als ursprünglich beschlossen, weil ein deutliches höheres Kostenbewusstsein gelebt wird.

B. Ergebnisse von Haushaltskonsolidierungen

Oft wird gefragt, welcher Betrag an nachhaltiger Ergebnisverbesserung denn tatsächlich aus so einem Konsolidierungsprozess zu erwarten ist. Natürlich ist das ganz stark vom Aufgaben- und Leistungsumfang und den bisherigen Anstrengungen der Kommune abhängig. Ein weiterer Faktor ist, ob auch Tochtergesellschaften und Beteiligungen vom Prozess umfasst waren (wie zB Stadtwerke, Stadtmarketing- oder Wirtschaftsentwicklungsgesellschaften).  Viele der begleiteten Gemeinden und Städte hatten schon einige „Rasenmäherrunden“ mit pauschalen Kürzungen aller Bereiche (minus 5 bis minus 10%) hinter sich, bevor sie einen Prozess nach diesem Modell gestartet hatten, und waren in einer durchaus angespannten budgetären Situation.

Aus der Auswertung unserer Projekte lassen sich je nach Größe der Gemeinde bzw Stadt Bandbreiten an nachhaltigen und jährlich wirksamen Ergebnisverbesserungsbeträgen ableiten (siehe Tabelle). Nicht beinhaltet in diesen Beträgen sind Einmaleffekte wie etwa aus dem Verkauf von Immobilienvermögen und anderem nicht mehr betriebsnotwendigem Vermögen (zB Maschinen, Geräte). Ebenso wenig enthalten sind budgetkosmetische Effekte aus Umschuldungen oder anderen Finanzierungsoptimierungen.

Bei den größeren Städten waren die Größenordnungen bezogen auf die Einwohnerzahl höher, ua wegen dem größeren Leistungsumfang an freiwilligen Leistungen.

Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieses Modell natürlich auch dann angewendet werden kann, wenn eine Konsolidierung und/oder Sanierung noch nicht notwendig ist. Auch in solchen Fällen konnten bei begleiteten Projekten große Ergebnisverbesserungseffekte lukriert werden. Auch diese Projekte sind in den obigen Bandbreiten enthalten.

C. Wenn Konsolidierung allein nicht reicht

Trotz Schnüren umfassender Maßnahmenpakete verbleibt in etlichen Gemeinden ein strukturelles Defizit, dh ein ausgeglichenes Budget ist noch immer nicht erreichbar oder absehbar. In diesen Konsolidierungsprozessen wird zumeist deutlich, dass tiefergreifend in die Strukturen der Organisation kommunaler Aufgaben eingegriffen werden muss.

Dabei haben sich insb folgende Themenschwerpunkte herauskristallisiert, die in nachgelagerten Projekten oder Prozessen zu bearbeiten waren.

  • Neuorganisation der Kernverwaltung: Hier ist klar ein Trend in Richtung einer Geschäftsbereichsorganisation erkennbar, dh einer Zusammenführung von politisch und fachlich zusammengehörenden Aufgaben- und Politikfeldern.
  • Neuordnung der Tochterunternehmen und Beteiligungen: Hauptansatzpunkt sind hier die Bereinigung von Doppelgleisigkeiten zwischen Kernverwaltung, Stadtwerken, Stadtmarketing, Immobiliengesellschaften. Zweitens eine Überprüfung von Geschäftsfeldern, die sich in einem echten Marktumfeld bewegen, deren Rendite aber Quervergleichen nicht standhält (zB Energie, Installationsbetriebe, Bestattung, Reisebüro). Die Zuordnung von Aufgaben zu den Organisationen sollte dabei einer inneren Logik folgen (siehe unten).
  • Bewirtschaftung des Immobilienportfolios: Schwerpunkt liegt hier einerseits in der Verwertung von nicht mehr betriebsnotwendigen Liegenschaften, die zwar als Einmaleffekte zu betrachten sind, oftmals jedoch mit nicht unerheblichen laufenden Betriebskosten verbunden sind. Ein zweiter erkennbarer Schwerpunkt liegt in einer optimierten Bewirtschaftung der städtischen Wohnungen mit verringerten Leerständen und zeitgemäßen Mietverträgen. Für diese Optimierung wird oftmals ein professioneller privater Partner an Bord geholt.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bei allen von begleiteten Projekten umfassende Ergebnisverbesserungen lukriert werden konnten. Ein gutes Zusammenspiel zwischen Politik, Verwaltung und externen Beratern ist für den Erfolg eines Konsolidierungsprojektes unerlässlich.

Untrennbar verbunden mit der Umsetzung dieser doch oft einschneidenden Maßnahmen ist eine Intensivierung der Personal- und Führungskräfteentwicklung sowie eine gute Begleitung der Schlüsselpersonen in diesem Transformationsprozess. Manchmal sind auch neue Führungskräfte an Bord zu holen.

D. Kommunales 4-Säulen-Modell

Für die Neuordnung von Aufgaben haben wir ein kommunales 4-Säulen-Modell entwickelt, das auf die unterschiedlichen Logiken in der Aufgabenerfüllung sowie politischen, fachlichen und finanziellen Steuerung eingeht:

Abb 2: 4-Säulen-Modell

 

Die Zuordnung von Aufgaben zu den Säulen kann dabei je nach politischer Philosophie, aber auch strategischer Ausrichtung der jeweiligen Einheit unterschiedlich sein. Die oben dargestellte Zuordnung ist daher beispielhaft zu sehen. Je nach Säule kommen auch unterschiedliche Organisations- und Rechtsformen in Frage, zB:

  • „Verwaltung“: Organisationseinheit innerhalb der Gemeinde;
  • Eigenbetrieb mit wirtschaftlicher Selbstständigkeit, aber ohne rechtliche Selbstständigkeit;
  • 100%-Tochtergesellschaft;
  • Unternehmensbeteiligung.

Verknüpft mit jeder Säule ist daher

  • eine unterschiedliche Form des politischen Einflusses (von Einzelfallentscheidungen über strategische Vorgaben bis zu einer Setzung von Rahmenbedingungen);
  • passende Steuerungslogiken, zB (Förder-)Richtlinien, Zielvorgaben und Kennzahlen, Service-Level-Agreements, marktorientiertes Benchmarking;
  • andere Erwartungen an finanzielle Ergebnisse (zB gedeckelte Zuschüsse, Kostenpreise, betriebswirtschaftliche Renditeerwartungen/Gewinnausschüttungen).

Dieser Artikel wurde in der Zeitschrift RFG veröffentlicht und steht Ihnen hier zum Download bereit.

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