Zwar gibt es verschiedenste agile Methoden, aber sie verfügen dennoch über einige Gemeinsamkeiten, die sich in unterschiedlichen Ausprägungen bei Scrum, Kanban, agilem Projektmanagement etc. durchziehen.

Reaktions- bzw. Anpassungsfähigkeit

Bei agilen Methoden stehen die zu lösenden Problemstellungen,  die benötigten Features, oder die zu erbringenden Serviceleistungen aus Kundensicht im Vordergrund. Ändern sich Rahmenbedingungen oder Kundenanforderungen können diese frühzeitig im Prozess berücksichtigt werden. Im Unterschied zu klassischen Vorgehensweisen, bei denen Projekte Start-to-End durchgeplant werden und Änderungen einen hohen Aufwand zur Folge haben, ist das regelmäßige Nachjustieren bei agilen Vorgehensweisen elementarer und fixer Bestandteil der Methode.

Moduswechsel

Der Wechsel zwischen kundenorientierter Zielausrichtung und Abarbeitung in kurzen Zyklen stellt eine ideale Balance zwischen dem konzentrierten Laufen (konsequentes Tun) und dem Stehenbleiben (Ziele flexibel anpassen) dar. Störungen von außen werden beim Abarbeiten ferngehalten. Der dadurch entstehende Wechsel zwischen Abarbeiten und Steuern  ist einer der produktivitätssteigernden Faktoren von agilen Methoden.

Institutionalisiertes Kunden-Feedback

Agile Methoden haben oftmals viel stärker als »klassische « Arbeitsweisen einen expliziten Kunden- bzw. User-Fokus. Agile Methoden beinhalten Elemente, die regelmäßig Feedbackschleifen mit dem Kundensystem sicherstellen. Ziel jedes Zyklus ist es, für den Kunden verwertbare (Teil-)Ergebnisse zu schaffen. Dadurch ist es dem Kunden frühzeitig möglich, den Fortschritt des Projektes zu beurteilen und zu bewerten. Dies schafft Vertrauen in das Projekt und das Projektteam. Des Weiteren wird durch eine ausgeprägte Prozesspartner-Orientierung, in der alle Prozess-Beteiligten das Big Picture kennen und die Konsequenz ihres Handels verstehen, die Qualität der Ergebnisse gesteigert.

Konsequente Ergebnisorientierung

Bei aller Offenheit, wie das abschließende Ergebnis konkret aussehen wird, ist bei vielen agilen Methoden jedoch die schrittweise Ergebniserreichung maßgeblich. Sei es das Produktinkrement bei Scrum, das MVP (Minimal Viable Product) bei Lean Start-up oder ein Prototyp beim Design Thinking – es geht darum, mit klaren zeitlichen Limits rasch Ergebnisse vorzuweisen.

Struktur und Stabilität

Agilität bzw. das Anwenden agiler Methoden bedeutet nicht völlige Freiheit und Flexibilität. Im Gegenteil, erst klare und fixe Strukturen, ein solides Rahmenwerk und ein überschaubares Set von Prinzipien ermöglichen und erlauben Freiheit bei den Inhalten und der konkreten Abarbeitung. Das Wechselspiel zwischen Stabilität und Agilität macht agile Methoden erst so erfolgreich. Fixe Zyklen mit einer definierten Abfolge von Ereignissen für die Planung, Steuerung und Reflexion stellen, in Verbindung mit einer raschen Taktung, das effiziente Fortkommen in Richtung Ergebnis sicher.

Selbststeuerung in Teams

Zentral sind Teams, die basierend auf einer vorgegebenen Zielausrichtung die  Konkretisierung der Zielsetzung sowie die Planung und deren Umsetzung autonom, das heißt eigenverantwortlich und selbstgesteuert, vornehmen.

Visualisierung und Transparenz

Beides gilt im gesamten Prozess – über Aktivitäten bzw. deren Fortschritt sowie Zielerreichung und Performance. Transparenz ist aber auch entscheidend, wenn es um die  unmittelbare Verfügbarkeit von Informationen geht – dabei werden Hierarchie, Rollen oder Expertise außer Acht gelassen – und die dafür vorgesehenen Instrumente sind erfolgskritisch.

Regelmäßige Reflexion und Lernen

Oftmals wird beides über vorgegebene »Ereignisse« – wie etwa die Retrospektive bei Scrum – fix verankert. Reflexion und Lernen beziehen sich sowohl auf Inhalte als auch auf die Zusammenarbeit im Team oder organisationale Rahmenbedingungen.

Was Verhaltensveränderung bewirkt

Häufig sind in Veränderungsprozessen weniger die Elemente »outside the skin« – eine neue Strategie oder ein neues System – der Knackpunkt, sondern die Veränderungen »inside the skin«, also etwa Gefühle und Verhaltensweisen. Wirksame Veränderung braucht beides, daher ist die Frage, was Verhaltensänderung unterstützen kann, bedeutend. Wir sehen gerade bei den Charakteristika agiler Methoden viele Aspekte, die Verhaltensänderung unterstützen und verstärken. Erfahrungsgemäß gilt: Je konkreter die gewünschte oder  erforderliche Verhaltensveränderung beschrieben werden kann, desto hilfreicher ist es. Werte- und Kulturprozesse ohne konkrete Übersetzung der Werte und der Soll-Kultur in konkretes Tun bleiben meist ohne Wirkung. Hier sind agile Methoden wertvoll, weil sie Werte in Handlung transformieren und durch fixe Strukturen und Lernen nachhaltig verankern. Agile Methoden verlangen in der praktischen Anwendung eigenverantwortliches Handeln und eine entsprechende Einstellung, verbunden mit spezifischen Werten – im Sinne eines eigenen Mindsets. So manche agile Methode ist stark wertebasiert. So etwa Scrum, wo Offenheit oder Mut explizit als Werte definiert und durch Anwendung der Methode eingefordert und geübt werden. Die Umsetzung und das Leben der Werte werden permanent reflektiert und damit institutionalisiert. Kurze Zyklen ermöglichen rasch sowohl positives als auch negatives Feedback auszuwerten. Aus der Hirnforschung ist die stark verhaltensändernde Wirkung von Erfolgen bekannt. Positive Erlebnisse verstärken das neue Verhalten, während negative weitere Impulse für Veränderung geben. Agile Methoden wirken daher auch aufgrund der raschen Sichtbarkeit von Ergebnissen rasch verhaltensändernd. Viele der agilen Methoden zielen sowohl auf individuelle als auch Team-Entwicklungen ab. Vertrauen in die Kompetenz und Zuverlässigkeit anderer, und gleichzeitig klare Erwartungen aneinander in Bezug auf Verhalten und Zusammenarbeit, verstärken diesen Lern- und Entwicklungsprozess. Oftmals ist dieser Prozess auch spezifisch methodisch oder durch Rollen (etwa den Scrum Master beziehungsweise agile Coaches) in agilen Methoden verankert.

Last, but not least

Über Visualisierung, Transparenz und kontinuierliches Feedback erfolgen laufend ein Synchronisieren im Team und das Finden und Festigen einer gemeinsamen Sprache. Dies bewirkt, unserer gemeinsamen Annahme folgend, dass Sprache Wahrnehmung konstruiert und deshalb durch agile Methoden eine Veränderung der gemeinsamen Realität und des Verhaltens geschaffen wird.