Fusionen, die Zusammenführung von Unternehmen bzw. Organisationen in eine rechtliche Einheit, stehen im Wirtschaftsleben an der Tagesordnung. Meist finden sie in Form einer Übernahme („Einverleibung“) eines oftmals schwächelnden Mitbewerbers oder Lieferanten bzw. Partners statt. Auch im öffentlichen Bereich sind Fusionen keine Seltenheit. Ein prominentes und aktuelles Beispiel ist die Zusammenführung der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) mit der GBA (Geologische Bundesanstalt) zur Geosphere Austria.

In einer zunehmend globalisierten Wirtschaftswelt verfolgen Fusionen das Ziel, ergänzende Kompetenzen zu bündeln, die Marktposition zu stärken und Synergieeffekte (Effizienzsteigerungen, Ressourcenbündelung) zu nutzen. Dennoch sind sie nicht immer des Rätsels Lösung. Laut aktuellen Statistiken scheitern mehr als die Hälfte aller Fusionen, unabhängig von ihrer Branche oder Eigentümerstruktur. Zu oft werden die Komplexität und die Herausforderungen, die mit Fusionsprozessen einhergehen, unterschätzt.

Um eine erfolgreiche Fusion zu erreichen, sind einige wichtige Schritte von entscheidender Bedeutung. Diese Schritte umfassen:

  • Klarheit und Kommittent über Sinn, Zweck und Machbarkeit einer Fusion
    Oftmals sind die Erwartungen an eine Fusion zu hoch gesetzt oder die Machbarkeit bzw. die erhoffte Geschwindigkeit wird unterschätzt. Zusätzlich werden Alternativen zur Fusion – möglicherweise als Vorstufe einer Fusion – nicht in Betracht gezogen (siehe Grafik 1).
  • Strategische Planung
    Die umfassende Analyse der Ziele, Visionen und Geschäftstätigkeiten beider Organisationen ist von entscheidender Bedeutung. Eine klare strategische Ausrichtung und ein gemeinsames Verständnis über das Sollbild der neuen Organisation sind grundlegende Voraussetzungen für eine erfolgreiche Fusion.
  • Kommunikation und Transparenz
    Eine offene und transparente Kommunikation gegenüber den Mitarbeiter:innen, Kund:innen und weiteren Stakeholder:innen ist unerlässlich. Alle beteiligten Parteien müssen über die Ziele, Vorteile und Auswirkungen der Fusion informiert werden, um Vertrauen und Akzeptanz zu aufzubauen.
  • Kulturelle Integration
    Hier besteht das größte Risiko für das Scheitern von Fusionen. Unterschiedliche Organisationen haben oft unterschiedliche Arbeitsweisen, Strukturen und Unternehmenskulturen. Eine erfolgreiche Fusion erfordert daher die Bereitschaft, diese Aspekte zu identifizieren und sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen. Zusätzlich wird den Mitarbeiter:innen oftmals ein „Zusammenschluss auf Augenhöhe“ versprochen. Empfunden wird die Fusion allerdings als „Übernahme bzw. Einverleibung“ (siehe Grafik 2). Dadurch sind Konflikte vorprogrammiert.
  • Effektives Change-Management
    Fusionen bringen Veränderungen mit sich, die von den Mitarbeiter:innen angenommen und bewältigt werden müssen. Ein professionelles Change-Management unterstützt diesen Übergang und reduziert mögliche Widerstände, indem es die Mitarbeiter:innen aktiv einbindet und ihnen die notwendige Unterstützung bietet.

 

Erklärung einer Fusion in Tabellenform
Grafik 1

 

Grafische Gegenüberstellung von Übernahme und Integration
Grafik 2

 

Trotz aller Bemühungen und sorgfältiger Planung scheitern jedoch viele Fusionsvorhaben. Dies kann verschiedene Gründe haben. Im Folgenden sind einige Punkte aufgeführt, die dazu führen können, dass Fusionsprozesse ins Stocken geraten oder die angestrebten Ziele nur teilweise oder gar nicht erreicht werden:

  • Mangelnde Klarheit über Sinn und Zweck, Ziele und Strategie
    Sind die gemeinsamen Ziele und die strategische Ausrichtung der fusionierten Organisation nicht klar definiert, kann dies zu Unsicherheit und Konflikten führen.
  • Unterschiedliche Unternehmenskulturen
    Kulturelle Unterschiede können zu Spannungen und Konflikten zwischen Mitarbeiter:innen führen. Eine unzureichende Auseinandersetzung mit Werten und Kulturmerkmalen erschwert die Zusammenarbeit und stellt eine erhebliche Gefahr für den Erfolg der Fusion dar.
  • Unterschätzung der Herausforderungen und des Zeitaufwands bei der Integration von Prozessen und Systemen
    Die Harmonisierung von Arbeitsabläufen, IT-Systemen und anderen Prozessen ist ein komplexer und zeitintensiver Prozess. Oft fällt es den Mitarbeitern schwer, sich von vertrauten Routinen zu lösen und neue Arbeitsweisen anzunehmen.
  • Widerstand und mangelnde Unterstützung seitens der Mitarbeiter:innen
    Wenn Mitarbeiter:innen das Gefühl haben, dass ihre Anliegen nicht ausreichend berücksichtigt werden oder dass sich ihre Arbeitsbedingungen verschlechtern, kann Widerstand und eine negative Einstellung gegenüber der Fusion entstehen. Für das Management wird es in solch einer Situation besonders herausfordernd, berechtigte Bedenken von stillen Widerständen zu unterscheiden, da sie mit der Situation und den Bedingungen in den neuen Organisationsbereichen nicht vertraut sind.
  • Denken in Siegern und Verlierern
    Wenn das Gefühl von Siegern und Verlierern aufkommt, verlieren letztendlich alle. Für viele Mitarbeiter:innen der siegreichen Organisation ist die dominante Position unangenehm, Meetings werden zu Spießrutenläufen und Minenfeldern, denen die Trennung deutlich spürbar ist und das Verbindende in den Hintergrund tritt.

 

Bei jeder Fusion treten spezifische Herausforderungen auf, die auf den folgenden drei Ebenen bewältigt werden müssen. Diese drei Ebenen sind eng miteinander verknüpft und erfordern eine ganzheitliche Herangehensweise, um eine erfolgreiche Fusion zu gewährleisten.

  • Steuerungsebene: Projektplanung und -steuerung, Gesamtkoordination, Entscheidungsfindung
  • Technisch-/organisatorische Ebene: Inhaltliche Gestaltung wie z. B. Aufbauorganisation und Stellenbesetzungen, Ablauforganisation – Prozessklärungen, Vereinheitlich von Instrumenten und Systemen wie z. B. IT, Rechnungswesen und Controlling)
  • Soziokulturelle Ebene: Sinnvermittlung der Veränderung (z. B. Bearbeitung von unterschiedlichen Erwartungen und Identitäten, Sicherstellung von ausreichender Information und Kommunikation, Umgang mit Angst, Widerstand und Konflikt, Teamentwicklung bei neuen [„gemischten“] Teams)

 

Die Erfolgsquote von Fusionen hängt also von einer gründlichen Vorbereitung und einer gezielten Herangehensweise ab. Indem die potenziellen Herausforderungen erkannt und proaktiv angegangen werden, können Fusionen zu einer positiven Entwicklung und Stärkung der beteiligten Unternehmen oder Organisationen führen.